Über 6.000 Filmschaffende in ihren 440 Berufen nahmen an der vom Bündnis Vielfalt im Film initiierten und unter anderem von der Hessen Film und Medien geförderten Onlineumfrage teil. Damit liegen nun erstmals umfassende Daten zu ihren Erfahrungen bzgl. Vielfalt und Diskriminierung vor und hinter der Kamera vor.
Die Ergebnisse von Vielfalt im Film deuten darauf hin, dass Diskriminierung die deutsche Filmbranche durchzieht und die Teilhabe von Filmschaffenden mit unterschiedlichen Vielfaltsbezügen einschränkt. Die Umfrage lief von Mitte Juli bis Ende Oktober 2020.
Schlaglichter:
- Acht von zehn (81 %) der befragten Cis-Frauen (N = 2.583) haben angegeben, in den letzten zwei Jahren sexuelle Belästigung im Arbeitskontext erlebt zu haben. Ein Großteil von diesen sogar mehrfach (73 %).
- Etwa vier von zehn teilnehmenden LSBTIAQ+ Filmschaffenden gehen im Arbeitskontext nie bis nur manchmal offen mit ihrer sexuellen Orientierung (40 %) und/oder Geschlechtsidentität (34 %) um. Auch aus Angst vor negativen Konsequenzen für ihre Karriere.
- Die befragten Schwarzen und Filmschaffenden of Color sind in der Filmbranche seltener fest angestellt und verdienen insgesamt auch weniger.
- Auch befragte Frauen sind seltener festangestellt als ihre männlichen Kollegen, das gilt vor allem für Frauen, die rassistisch benachteiligt sind.
- Filmschaffende mit Behinderung und/oder Beeinträchtigung sind deutlich unterrepräsentiert in der Filmbranche. Sie müssen mehr unentgeltliche Tage arbeiten.
- Mehr als drei von vier der befragten Filmschaffenden stimmen der Aussage zu, dass u.a. folgende Gruppen klischeehaft dargestellt werden: Arabische Menschen (87 %), muslimische Menschen (83 %), Sinti:zze und Roma:nja (81 %), Menschen mit einem niedrigen sozialen Status (79 %), Schwarze Menschen (78 %) und asiatische Menschen (75 %).
- Zwei von drei (70 %) der betroffenen Filmschaffenden haben ihre Diskriminierungserfahrung im Arbeitskontext nicht gemeldet. Mögliche Ursachen laut Betroffenen: fehlende Konsequenzen oder die Diskriminierung hat nach einer Meldung erneut stattgefunden oder gar zugenommen.
Detaillierte Ergebnisse, unter anderem zu Pay Gaps und konkreten Diskriminierungssituationen sind in diesem PDF nachzulesen.
Die Ergebnisse der Studie markieren sehr deutlich, dass dringender Handlungsbedarf in Sachen Vielfalt im Film besteht. In Hessen hat die HessenFilm und Medien GmbH in Kooperation im vergangenen Jahr mit hessischen Filmschaffenden eine Arbeitsgruppe gebildet, in der sich Kolleg:innen der HessenFilm sowie Vertreter:innen der hessischen Filmbranche in Kleingruppen mit Diskriminierungsformen und diversitätsbezogenen Themen, wie z. B. Religion und Weltanschauung, Geschlechtsidentität und sozialer Status, beschäftigen und dazu Maßnahmen planen. Die HessenFilm möchte in ihrer Rolle als Filmförderung auch dazu beitragen, dass Filme aus Hessen verstärkt Geschichten erzählen, die der gesellschaftlichen Realität und der Internationalität des Standortes Hessen entsprechen. Zusätzlich sollen in diesen Filmen marginalisierte Gruppen vor und hinter der Kamera stärker vertreten sein.
Die Studie „Vielfalt im Film“ wurde von Citizens for Europe durchgeführt und resultierte aus dem Engagement der Initiator:innen: Berlin Asian Film Network, Bundesverband Regie, Citizens For Europe, Crew United, Diversity Arts Culture, Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband, Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, Kinoblindgänger, Korientation, Label Noir, Langer Media Consulting, Leidmedien, Panthertainment, ProQuote Film, Queer Media Society, Schwarze Filmschaffende Community.