„Nachhaltigkeit im Kinoalltag“
Handlungsfelder für ökologisches, soziales, kulturelles und zukunftsfähiges Kino
Der Hessische Preis für Nachhaltiges Kino dient als motivierende und fördernde Initiative, um hessische Kinos auf dem Weg zu Nachhaltigkeit zu unterstützen. Aber was genau bedeutet Nachhaltigkeit im Alltag eines Kinobetriebs?
Anknüpfend an die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Hessen berücksichtigt Nachhaltigkeit im Kinoalltag sämtliche Prozesse entlang der Wertschöpfungskette eines Kinobetriebs, angefangen bei der Frage, wie ein Kino zu kultureller Nachhaltigkeit beiträgt, bis hin zur Klimafreundlichkeit des Gebäudes und der Kinoplakate, der Vermeidung von Einwegmüll bei Popcorn und Softdrinks, dem sozial verantwortlichen Umgang mit Personal oder der nachhaltigen Mobilität der Kinobesucher.
Kinos können auf folgenden Handlungsfeldern ihrer Verantwortung für Nachhaltigkeit nachkommen:
1) Kulturelle Nachhaltigkeit
Für eine nachhaltige Gesellschaft spielt Kultur eine zentrale Rolle. Nicht wenige sehen in der Kultur aufgrund ihrer gesellschaftlichen Bedeutung die zentrale, allen anderen Bereichen der Nachhaltigkeit übergeordnete Dimension. Gerade Kinos haben das Potential, Menschen unterschiedlichen Alters und gesellschaftlicher Schichten zusammenzubringen und zur Bildung von Wertvorstellungen und gesellschaftlichen Leitbildern wesentlich beizutragen. Mit der Filmauswahl, Filmgesprächen und weiteren kulturellen Angeboten kann ein Kino die Auseinandersetzung mit bestimmten Themen initiieren und vorantreiben. So entsteht kulturelle Nachhaltigkeit, die nicht erst dann beginnt, wenn Filme mit explizit ökologischen Inhalten zum Programmangebot gehören.
2) Ökologische Nachhaltigkeit Nachhaltiges Ressourcenmanagement
Unter nachhaltigem Ressourcenmanagement versteht man den Schutz von Ressourcen wie Wasser, Energie und Rohstoffen entlang der Wertschöpfungskette. Denn der Bedarf an Rohstoffen und Energie steigt weltweit und sorgt wegen mangelnder Erneuerbarkeit der Quellen für Verknappung und Verteuerung. Für Kinos sind folgende Ressourcen von besonderer Bedeutung:
- Erneuerbare Energien: Oft wird die Nutzung erneuerbarer Energien von vornherein als zu teuer oder unwirtschaftlich angesehen, ohne dass der Einsatz ernsthaft geprüft wird. Klimaschonende Energiequellen sind nicht nur wichtig für unsere Zukunft, sondern fördern auch die regionale Wirtschaft und können sich finanziell sogar lohnen. Einige Ökostromanbieter haben besondere Kooperationsangebote für Kinos. Oder hat Ihr Kino vielleicht sogar eine eigene Photovoltaikanlage?
- Ressourceneffiziente Infrastruktur: Zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks – und des Portemonnaies – ist das Einsparen von Ressourcen immer wirksamer als der Switch zu umweltfreundlichen Alternativen. Wie ressourceneffizient ist Ihr Kinogebäude und Ihre Ausstattung? Wie sieht es aus mit guter Isolierung des Gebäudes, energieeffizienter Abspieltechnik und Beleuchtung, Reduktion des Wasserverbrauchs oder umweltfreundlichen Reinigungs- und Waschmitteln?
- Nachhaltiger Druck: Ja, der Druck von Kinoprogramm, Plakaten und Briefen ist wichtig und für die meisten Kinobetreiber nicht wegzudenken. Aber man kann beim Druck von Printmaterialien in vielerlei Hinsicht auf Nachhaltigkeit achten. Achten Sie beim Druck von Flyern und Plakate auf Recyclingpapier, Ökodruckfarben, umweltfreundliche Veredelung oder klimaneutralen Druck?
- Green IT: IT bietet vielfältige Möglichkeiten für Kinos, grüner zu werden, z.B. können Eintrittskarten durch die Digitalisierung zukünftig überflüssig und Temperaturen nach Bedarf gesteuert werden. Gleichzeitig ist der CO2-Ausstoß, der durch das Internet verursacht wird, mittlerweile genauso hoch wie der des internationalen Flugverkehrs. Achten Sie auf Green IT, z.B. bei Web- und Mailhoster mit Ökostrom-Rechenzentrum oder Licht-, Temperatur- oder Streckensteuerung durch smart-IT?
- Concessionbereich: Nachhaltigkeit spielt auch im Concessionbereich eine immer wichtigere Rolle. Und da der Kinobesuch für viele Menschen mit Genuss und Konsum verknüpft ist, besteht auch eine verhältnismäßig hohe Zahlungsbereitschaft für Essen und Trinken im Kino. Kann das genutzt werden, um Angebote nachhaltiger zu gestalten und vielleicht sogar eine neue Zielgruppe zu erschließen?
- Kompensation von Treibhausgasen: Klar, weniger Fahren oder Produzieren ist immer besser für die Klimabilanz. Aber irgendwie muss der Kunde ja ins Kino kommen und der Film abgespielt werden. Klimakompensation ist ein Instrument zum Klimaschutz, bei dem der verursachte Treibhausgasausstoß an anderer Stelle wieder ausgeglichen werden soll. Es gibt Anbieter, die Ihnen über die Kompensation auch ein Zertifikat ausstellen – am besten nach Gold Standard. Und die Kosten können auch noch abgesetzt werden. Worauf warten?
Nachhaltiges Abfallmanagement und Müllvermeidung
Kann Ihr Kino dazu beitragen, die Müllberge erst gar nicht so wachsen zu lassen? Manchmal lässt sich Müll aber auch nicht ganz vermeiden. Trennt Ihr Kino den Abfall wenigstens? Haben Sie vielleicht auch schon mit umweltfreundlichen Verpackungsalternativen experimentiert? Gibt es Mehrwegbecher oder Popcorneimer mit Pfand statt Einwegmüll? Was passiert mit abgelaufenen oder übriggebliebenen Lebensmitteln oder Plakaten? Hier ein paar Ideen:
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- Reduktion von Werbematerial bei Verleihern
- Umweltfreundliche Verpackung, z.B. von Bechern und Schalen
- „Unverpackt“-Angebote für Kunden, z.B. Abfüllstation an der Süßigkeitentheke
- Pfandsystem z.B. für Getränkebecher oder Rabatt für eigenen Becher
- Einkauf von Großgebinden
- Mülltrennung/Recycling, auch im Kundenbereich
- Upcycling von Resten, z.B. alte Kinovorhänge, Plakate etc.
Mobilität der Gäste und Mitarbeiter
Mobilität und Erreichbarkeit sind Grundvoraussetzungen für das Funktionieren eines Kinos. Besucher müssen das Kino schnell und einfach erreichen können, Dienstwagen müssen bezahlbar sein, Dienstwege und Dienstreisen sind effizient abzuwickeln und Material muss transportiert werden. Alternativen zur Fahrt mit dem Auto sind abhängig von der Lage des Kinos (Stadt-Land) bzw. von der Verfügbarkeit von Alternativangeboten wie Fahrrad, ÖPNV, etc. Dabei ist mittlerweile auch bekannt, dass die An- und Abfahrt der Kinogäste für den größten Teil des CO2-Fußabdrucks eines Kinos verantwortlich ist. Wie unterstützt Ihr Kino die umweltfreundliche Mobilität?
- Infrastruktur (z.B. Fahrradstellplätze, E-Ladestelle)
- Kombiticket für Eintritt und ÖPNV
- Hinweis auf alternative An- und Abfahrtmöglichkeiten auf der Website des Kinos
- Angebote, um Fahrgemeinschaften zu bilden oder Gruppentaxis zu nutzen
- Umweltfreundlichkeit im eigenen Fuhrpark (z.B. CarSharing, E-Mobilität)
- Förderung eines Jobtickets für Mitarbeiter*innen
- Dienstfahrten mit Bus und Bahn
3) Soziale Nachhaltigkeit
Soziale Nachhaltigkeit zielt auf ein menschenwürdiges Leben ab, d.h. auf Lebensqualität und soziale und Teilhabe und Chancengleichheit. Das Thema „Arbeit“ hat dabei eine zentrale Rolle: Erwerbsarbeit im Kino soll durch Einkommen Teilhabe und Existenzsicherung ermöglichen, doch viele Menschen im Kulturbereich erhalten keinen angemessenen Lohn. Mit folgenden Themen können Kinos zu sozialer Nachhaltigkeit beitragen können:
- Verantwortliches Personalmanagement und faire Entlohnung
- Aus- und Weiterbildung
- Bauliche Barrierefreiheit (Rampe, breite Tür, Aufzug…)
- Barrierefreie Programmierung der Webseite
- Fremdsprachen-/Gebärdenspracheangebot
- Engagement in der Region, z.B. durch Kooperationen mit lokalen Initiativen und Einrichtungen
4) Ökonomische Nachhaltigkeit
Die ökonomische Nachhaltigkeit fordert zukunftsorientiertes Wirtschaften. Auch nachhaltige Kinos müssen genug Gewinne erzielen, um diese beispielsweise in moderne Technik, Infrastruktur und faire Bezahlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern investieren zu können. Wie stellt Ihr Kino nachhaltige Gewinnerzielung sicher? Ausgewählte Handlungsfelder:
- Strategische Zukunftspläne, z.B. zum Ausbau von Kinosälen, Investitionen, Programmgestaltung, organisatorische Strukturen etc.
- Korruptionsprävention
- Grüne Bankgeschäfte
Dieses Konzept wurde von © Lust auf besser leben gGmbH uns Film- und Kinobüro Hessen e.V. erarbeitet und steht als PDF hier zum Download bereit…
© Lust auf besser leben gGmbH